
Aus der Schreibweise der Wörter lässt sich schliessen, wie sich die Sprache der Walser im Verlauf von vielleicht tausend Jahren verändert hat. Hiess es zur Zeit der Auswanderung aus Süddeutschland noch Schlucht, wurde das Wort dunkler zu Schluocht und heute wieder heller zu Schluächt. Bühl wurde zu Buol oder zu Büöl, das heute Büäl oder Büal geschrieben wird. Es gibt einige wenige Wörter, die länger geworden sind, wir wurde zu wiär, viele wurden kürzer.
däär Wääg – dääwäg – Nümm dr Hobl dääwäg zur Hand!
närrisch – närrsch – Tuän nid äsoo närrsch.
chaalt choon – chuälä – Hüt hed s gschwünd gchuäläd.
Romanische und italienische Wörter wurden übernommen, insbesondere viele Flurnamen, die aber oft nicht verstanden und sprachlich bis zur Unkenntlichkeit verändert wurden oder wieder ganz verschwanden:
Flurnamen: Alad, Crstalta (Crestaulta = hoher Hügel), Gatiisch, Maduz, Piirigä, Pramaffìa (Pra = Wiese), Salanaas, Falanaas, Tanìl, Vascréschtis, Vazalénga, Zalätz, Zalüäniä, Zldàuer, Zlggoort, …
Andere Namen: Marändä (mitàgä), Batzgr (Zuäsenn), Chappätüüsli, Capatüüsli (Kopfbedeckung zur Tracht), Cheschtänä (Kastanien), Faduschgl (überjähriges Gras), Fischndr (Hilfshirt), Frooslä (Hagebutte), Furm (Form), Ggaranti (Hengert), Katheder (Schreibpult), Krampool (Lärm), …
Kirchlicher Einfluss brachte viele, viele lateinische Wörter zu uns. Hier nur eine Auslese zum Buchstaben A: Aktie, Aktion, Advent, Äquator, Album, Alge, Alibi, Aluminium, Ambulanz, Amplitude, Ampel, Anker, Angina, animalisch, Animation, Anno, Antenne, antik, Aquarium, Arche, Archiv, Areal, Arena, Assistent, Armee, Adio, Auktion.
Vor zweihundert Jahren kam, ausgelöst durch die Reisläuferei, die französische Welle. Einige Wörter verschwanden wieder (kontänt – zufrieden), andere halten sich heute noch, ja sie sind Bestandteil des Dialekts geworden. Eine kleine Auswahl:

In lateinischen Sprachen wird fast ausnahmslos die zweite Silbe im Wort betont, in den germanischen Sprachen die erste, also auch im Walserdeutschen.
Seit einigen Jahrzehnten rollt die englischamerikanische Welle auf uns zu, von der einzelne Bereiche von Anglizismen besonders betroffen sind:
Alles, was mit Rechnen zu tun hat: Beamer, Computer, Disc, Mousepad, Smartphone, Tablet, …
Öffentlichkeit: Shopping, Show, Design, City, Business, Manager, Ticket, Shootingstar, CEO, Run, …
Sport: Bob, Bodybuilding, Coach, Cup, Handicap, Offside, Slalom, Snowboard, Windsurfing, …
Dialekte aus dem Unterland bedrängen unseren Dialekt noch stärker, da sie sich nicht sehr deutlich unterscheiden:
si, schön, fein, gengti, döt, grüässä, mier … und viele weitere.
Im äusseren Prättigau hat sich flüügä durchgesetzt, vom nahen Rheintal übernommen. Siehe auch 4.0. In Randregionen ist eine Vermischung unvermeidlich. Die bevölkerungsreichere Region hat den stärkeren Einfluss.
Und die Zukunft? Wir hören schon lange warnende Stimmen, unser Dialekt werde untergehen. Alle bisher landauf, landab geschriebenen Texte und die verschiedenen Tonaufnahmen dürften dannzumal in einem Wortmuseum abgelegt werden. In Deutschland scheint es um die Dialekte auch nicht gut bestellt zu sein. In seinem Buch Pfälzisch aus dem Jahr 1990 meint Rudolf Post, dass das Pfälzische mit jeder neuen Generation neun Prozent seines Wortschatzes verliere. Viele junge Leute stören sich darob offenbar nicht: srf.ch/Kultur 31. Jan. 2019 … Mundart und Emojis: Junge Schweizer schreiben digital meist nicht mehr auf Schriftdeutsch. – (Doch kaum im Walserdialekt!)
